Plasencia Nicaragua

Doch 1963 wird im Zuge der kubanischen Revolution die Farm der Familie konfisziert. Die Familie flieht über Mexico nach Nicaragua und beginnt dort wieder bei null. Doch nicht ganz, denn im Gepäck hat Sixto Plasencia, der Neffe Don Eduardo, die Samen der besten kubanischen Pflanzen ihrer hundertjährigen Zuchterfahrung und diese pflanzt er, nachdem er eine Weile für die Familie Oliva gearbeitet hat, in den fruchtbaren Boden seiner eigenen Farm in Nicaragua. Doch schon 1978 zwingen die politischen Unruhen in Nicaragua die Familie nach Honduras zu fliehen, wo Sixto, geschult von seinen Erfahrungen auf Kuba, zwischenzeitlich eine zweite Farm gepachtet hat.
Auch in Honduras konnte sich die Familie erfolgreich etablieren und das Land, das sie zunächst bestellten, bald aber schon besaßen, wuchs von Jahr zu Jahr um viele Hektar. Als sich die Verhältnisse in Nicaragua wieder beruhigt hatte, schenkte die Regierung der Familie 1990 als Reparation für ihre beschlagnahmte Farm zusätzliche 150 Hektar in Estelí, einem der bedeutendsten Anbaugebiete in ganz Nicaragua.
Mittlerweile sind weitere Anbaugebiete und Fertigungsstätten in Costa Rica und Pananama hinzugekommen und es ist unbestritten, dass Plasencia zur absoluten Spitze der Top-Produzenten in der gesamten Tabakbranche zählt. Außerdem sei erwähnt, dass die Familie, die weiß wie hart das Schicksals zuschlagen kann, sich stark für ihre Angestellten engagiert und Schulen und Horte baut, damit deren Kinder gut versorgt sind. Völlig zurecht wurde Nestor Plasencia 2012 zur Würdigung seines Lebenswerkes und seines Einsatzes für die Tabakindustrie mit der Cigar Journal Trophy ausgezeichnet.

Kommen wir zu den Zigarren:
Bevor wir uns die einzelnen Linien genauer anschauen, sei gesagt, dass die „objektiven Kriterien“, also das was die Verarbeitungsqualität ausmacht, bei Plasencia – und das ist nicht nur meine Meinung, sondern eigentlich allgemeiner Konsens – ausnahmslos im hervorragenden bis makellosen Bereich liegt. Zugwiderstand, Abbrand-Verhalten, etc., hier stimmt wirklich alles und eigentlich auch immer. Die Verlässlichkeit der Zigarren lässt sich durchaus mit den Produkten von Davidoff vergleichen. Diese immense Expertise, die die Produktionsqualität der hauseigenen Linien bestimmt, kommt vielleicht auch daher, dass in den Manufakturen von Plasencia auch andere namhafte Hersteller produzieren lassen. In den Tabacaleras in Nicaragua und Honduras werden so beispielsweise die Zigarren von Alec Bradley, Rocky Patel, Casa Magna und Casa de Torres produziert – um nur ein paar zu nennen.
Schauen wir uns also genauer an, welche Linien Plasencia dem gemeinen Aficionado zu bieten hat.

Plasencia Reserva Original:
Die „klassische Serie“ aus dem Hause Plasencia nannte sich bis 2017 noch „Organica“, weil die Zigarren aus Tabaken gerollt werden, deren Anbau ohne den Einsatz von Pestiziden und Herbiziden auskommt. Jedoch schien die Namensgebung rechtliche Schwierigkeiten mit sich zu bringen, weshalb man die Linie neu taufte. Dennoch sind die Zigarren auf dem deutschen Markt wahrscheinlich die einzigen die aus biologischem Anbau stammen. Außerdem ist die Reserva Original eine waschechte nicaraguanische Puro. Das heißt, dass alle für die Herstellung genutzten Tabake in Nicaragua gewachsen sind. Zusätzlich reifen die Tabake für mindestens drei Jahre, damit sich ihre charismatischer Geschmack besonders fein ausbilden kann. Geschmacklich wird die typische nicaraguanische Würze hier sehr gekonnt von einer ordentlichen Dosis Cremigkeit eingekleidet, was alle Formate der Serie sehr gefällig macht. Bei der Auswahl der Formate ist dann ebenso für jeden was dabei: Von der kleinen Nestico (einer Mini-Corona) bis zur großen Pyramide sind die Reserva Organica mittelkräftige Zigarren von einem tollen Preis-Leistungsverhältnis, die super sind, um einen Start in die aufregende Welt von Plasencia zu machen.

Die Plasencia Alma Serien – die Seele von Plasencia:
Der spanische Begriff Alma bedeutet Seele. Er soll darauf hinweisen, dass Plasencia in diese Serien das Fundament der über 150jährigen Tabaktradition ihrer Familiengeschichte einfließen lässt. Alle verwendeten Tabake stammen von den familieneigenen Anbauflächen und werden sorgfältig zu Kreationen von einzigartiger Charakteristik zusammengestellt und bis zu 10 Jahre lang gereift. Die Zigarren der Alma Serien dürfen durchaus als die Essenz der Tabakproduktion der Familie gesehen werden. Um Auf dem deutschen Mark sind derzeit vier Serien verfügbar:
Alma Fuerte (2016), Alma del Campo (2017), Alma del Fuego (2019) und die „Zwillingsschwester“ der Alma Fuerte, die Alma Fuerte Colorado Claro (2021).
Kleiner Teaser: Bald schon soll dieses Angebot auf dem deutschen Markt um die neue Serie, die Alma del Cielo erweitert werden. Mehr dazu am Schluss

Plasencia Alma Fuerte:
Wie der Name es bereits andeutet, steht diese Linie für die Kraft, die die Tabakpflanzen aus den fruchtbaren nicaraguanischen Böden schöpfen können. Die Einlage und das Umblatt bestehen sortenrein aus Criollo 98 Tabaken aus allen Regionen Nicaraguas: Jalapa, Estelí, Condega und von der Vulkaninsel Ometepe, die für Alma del Fuego nochmal besonders wichtig wird. Der Criollo 98 ist ein auf Kuba gezüchteter Hybrid, also eine Weiterentwicklung des klassischen Saatguts, das Widerstandsfähiger gegenüber Umwelteinflüssen ist und dabei vor allem wegen seiner Resistenz gegen blauen Schimmel geschätzt wird. Dieser satte und kräftig-würzige Blend wird gekrönt von einem makellosen ölig-glänzenden Shade Grown Deckblatt aus Jalapa, das – man kann es nicht anders sagen – einfach lecker aussieht. Im Rauch zeigt sich eine Aromakomposition, die nicht einfach typisch Nicaragua ist, sondern vielmehr tatsächlich die Seele dieser kraftvollen Tabake in ihrem Facettenreichtum und ihrer Komplexität als ein stimmiges und ausgewogenes Gesamtbild feiert. Um dieses Abbild ohne Einschränkungen präsentieren zu können, werden die Tabake bis zu 10 Jahren gereift und das Ergebnis lässt sich sehen, also rauchen. Aromen von warmen Waldböden und trockenem Zedernholz werden von Ledergeruch ummantelt und immer wieder von einem Hauch Pfeffer, der auch auf den Lippen spürbar ist, angefeuert. Spätestens in der zweiten Hälfte gesellen sich zu dieser Komposition noch kräftige Noten von dunkler Schokolade, die sich bis zum Ausklang je nach Format weiter intensivieren. Denn auch was die Auswahl der Formate angeht, hat Plasencia hier neben den Klassikern Robusto (Robustus I), Toro (Nestor IV) und einer Box-Pressed Salomónes (Generacion V) noch eine innovative Spezialität im Gepäck: die Sixto II Hexagono. Die clevere Besonderheit ist hier, dass das voluminöse Format in eigens für diesen Prozess entwickelten Pressstöcken in eine sechseckige Form gepresst wird, die der – wie Nestor Plasencia es nennt – Perfektion der Natur nachempfunden ist, wie man am Beispiel von Bienenwaben erkennt. Positiv wirkt sich diese Formgebung auf den Zugwiderstand aus, denn die Zigarren öffnet sich mehr und mehr je wärmer sie wird, was der Tendenz des festeren Zugs ,bedingt durch die Ablagerungen im Rauchverlauf, günstig entgegen wirkt. Außerdem bewirkt die leicht kantige Form beim Ziehen ein gutes Mundgefühl. Kurzum, alle Sinne werden gekonnt verwöhnt. Ich rate definitiv zum Ausprobieren!

Alma Fuerte Colorado Claro:
Die „Zwillingsschwestern“ sind wie die Alma Fuerte Puros, deren Tabake aus den verschiedenen Regionen Nicaraguas stammen. Anstelle des Shade Grown Deckblatt aus Jalapa arbeitet Plasencia hier mit einem hellbraunen Colorado Claro Deckblatt, das den Smoke etwas milder und cremiger macht, wobei Aromen von Nuss, süßer Erde und würzigem Honig in den Vordergrund treten. Auch diese Serie ist wieder im dem eindrucksvollen Sixto Hexagono Format (Sixto I) verfügbar, das eine Rauchdauer von zwei Stunden durchaus möglich macht. Die voluminöse Robusto (Robustus II) bietet meines Erachtens den perfekten Einstieg in die Serie.

Plasencia Alma del Campo:
Die „Seele des Feldes“ ist die bisher mildeste der Alma-Schwestern. Aber das bedeutet keineswegs, das sie aus diesem Grunde weniger Komplex oder schwächer im Ausdruck wäre. Auch hier haben wir es standesgemäß wieder mit einer nicaraguanischen Puro zu tun, deren Tabake exklusiv von den familieneigenen Plantagen der Plasencias stammen. Die softe Blend ist mild bis höchstens mittelkräftig, steht aber in der Präsenz und Prägnanz der gebotenen Aromen den anderen Linien kein Stück nach. Die karamellige Cremigkeit, die der äußerst dichte und voluminöse Rauch transportiert, steht hier klar im Vordergrund, während eine milde Würze eher im Hintergrund anklingt. Der Clou ist eine ganz feine und leichte Salzigkeit, die im Rauch mitschwingt und die karamellig-cremigen Aromen perfekt ausbalanciert.
Ich kann hier natürlich viel erzählen, denn jeder erlebt die Zigarren auf seine Weise und dem subjektiven Eindruck darf keine Allgemeingültigkeit abverlangt werden. Aber ich möchte zumindest dazu einladen, bei eurer ersten oder nächsten Alma del Campo diese Schilderung im Hinterkopf zu behalten und selbst auf die Suche zu gehen, ob euch dieses spannende Wechselspiel von Salted-Caramel auch über die Gaumen läuft.

Plasencia Alma del Fuego:
Das Feuer, von dem die Seele dieser Zigarren erfüllt ist, stammt von den Vulkanen der Insel Ometepe, die im Nicaraguasee gelegen und noch immer vulkanisch aktiv ist. Sie ist weltweit die größte Vulkaninsel, die in einen Süßwassersee gelegen ist. Der Tabak, der dort angebaut wird, erhält durch die nährstoffreiche und mineralische Vulkanerde ein einzigartiges Aromaprofil. Er ist kräftig, gar keine Frage, aber nicht nur! Denn neben seiner unverhohlenen Stärke bringt der Ometepe eine deutlich Süße mit sich. Dieses Gegensatzpaar vereinen die Alma del Fuegos kompromisslos gut. Dabei macht der Ometepe Tabak die Hälfte der Einlage aus und wird als eines der beiden Umblätter benutzt. Der Rest stammt aus anderen Regionen Nicaraguas. Das Deckblatt ist ein Sun Grown aus Jalapa, das sicher seinen Teil zu feurigen Stärke dieser Serie beiträgt. Besonders hervorzuheben ist hier die Flama Panatela. Das dünne Panatela Format ist eine wahrhaftige Aromabombe, die vor Kraft und Komplexität nur so strotzt und erfahrene Aficionados begeistern wird.

Plasencia Alma del Cielo:
Wie versprochen hier der kleine Teaser zur bei uns hoffentlich demnächst verfügbaren „Seele des Himmels“. Denn was Plasencia hier verspricht, klingt schon wieder umwerfend, himmlisch quasi. Ein Großteil der für diese Serie verwendeten Tabake stammt von der familieneigenen (wie könnte es anders sein) Finca San Julián in Condega, die himmlische 1300 Höhenmeter über dem Meeresspiegel liegt. Nach der Beschreibung von Plasencia starten die Zigarren mit reichhaltigen Aromen von Marzipan, die leichte Noten von Nougat ummanteln. Im Verlauf sollen erdige Noten und Spuren von Orangenzeste dazu kommen, die im „Herzen des Smokes“ warmes Zedernholz, Nougat und einen Hauch Ingwerwürze enthüllen. Ich bin schon sehr gespannt und kann es kaum erwarten, die erste in die Finger zu kriegen!